Die Untere Naturschutzbehörde Gera hat folgende Zusammenfassung zum Thema Igel erstellt:
🦔 Igelschutz – Wie helfe ich richtig?🦔
Der bei uns einheimische Braunbrust-Igel (Erinaceus europaeus) gehört mit Spitzmäusen und Maulwürfen zu den Insektenfressern. Igel sind in der Regel standorttreue Tiere und leben meist einzeln. Sie ernähren sich vorzugsweise von Wirbellosen wie Regen- und Ohrwürmern, Schnecken, Hundert- und Tausendfüßern, Spinnen, Käfern sowie sonstigen Insekten und deren Larven, auch Aas wird nicht verschmäht. Dagegen werden Milch und Milchprodukte nicht vertragen und sind sogar schädlich. Die Nahrungssuche geschieht vorwiegend in der Dämmerung und nachts.
Igel können bis 6 Jahre alt werden und haben trotz ihres imposanten Stachelkleides zahlreiche natürliche Feinde wie z. B. Rotfuchs, Steinmarder, Habicht und Uhu. Zudem leiden sie verstärkt unter Ektoparasiten wie Zecken, Milben und Flöhen und sind häufig von Band- und Lungenwürmern befallen.
Bei Gefahr oder im Winterschlaf zeigen sie ein für diese Tierart typisches Schutzverhalten: Sie rollen sich zu einer Art Kugel zusammen („igeln sich ein“). Leider hilft diese angeborene Verhaltensweise dem Igel nicht bei der Begegnung mit dem Fahrzeugverkehr, was zahlreiche überfahrene Igel am Straßenrand regelmäßig verdeutlichen.
Die Paarung der Tiere erfolgt von Frühjahr bis Sommer. Nach einer Tragzeit von ca. 5 Wochen kommt es in einem geschützten Laubnest zu einem und manchmal auch zwei Würfen mit jeweils mehreren Jungen im Jahr. Die Stacheln der Jungtiere sind zunächst weich und weiß, die Jungen werden einige (vier bis sechs) Wochen von der Mutter gesäugt und müssen dann selbständig werden.
Der Winterschlaf erfolgt in Abhängigkeit von den herrschenden Außentemperaturen zwischen Oktober und März. Dabei suchen die Tiere geschützte und trockene Stellen für den Unterschlupf und legen sog. Winternester an, in denen sie ihren Stoffwechsel und damit den Energieverbrauch stark herunterfahren, um die nahrungsfreie Jahreszeit zu überdauern.
Um sich die für den Winterschlaf nötigen Fettreserven anzufuttern, begegnen wir besonders im Spätsommer und Herbst Jungigeln, die auch tagsüber auf Nahrungssuche sind. Diese possierlichen, scheinbar hilfebedürftigen Igelkinder werden dann gern von „tierlieben“ Personen aufgenommen oder in Igelstationen gebracht, um sie in menschlicher Obhut außerhalb ihrer natürlichen Umweltbedingungen über den Winter zu bringen.
Dies ist zunächst einmal naturschutzrechtlich grundsätzlich verboten und im Sinne eines wirklichen Igelschutzes äußerst fragwürdig, denn durch diese falsch verstandene Tierliebe wird die gesunde, natürliche Entwicklung der Igelkinder nachhaltig gestört. Igel sind Wildtiere und keine Haustiere und ihre Entnahme aus der Natur ist nur im Ausnahmefall zulässig.
Lediglich (wirklich) hilflose, verletzte oder kranke Tiere dürfen aufgenommen und dem Tierarzt vorgestellt und, wenn erforderlich, zur Gesundung vorübergehend in einer geeigneten Unterbringung gehalten werden.
Als Insektenfresser sind Igel unmittelbar vom Insektensterben betroffen, da die Nahrung zunehmend knapp wird. Dies trifft besonders die Igelkinder, die sich dann zwar in ihren Körpermerkmalen weiter entwickeln, aber völlig untergewichtig bleiben. Igelkinder mit Nahrungsmangel haben ein Gewicht von nur 80 bis 100 g Gewicht und so entsteht der irrtümliche Eindruck, dass es sich um Igelbabies handelt. Wenn dann noch Aufzuchtmilch gefüttert wird, führt dies zu schwerwiegenden Schäden. Daher immer das Igelkind von einem erfahrenem Tierarzt/Tierschützer untersuchen lassen, um den tatsächlichen Entwicklungs- und Gesundheitszustand feststellen zu können und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.
Die Überlebenschance eines scheinbar „kranken“ oder „untergewichtigen“ jungen Igels ist in freier Wildbahn in der Regel höher als nach seiner Überwinterung im warmen Haushalt. Solche Tiere haben häufig Anpassungsschwierigkeiten, wenn sie im Frühjahr wieder in die Natur entlassen werden. Sie zeigen ein von den freilebenden Tieren abweichendes Verhalten, eine veränderte Aktivität und Ernährungsprobleme, was zu einer erhöhten Sterberate in dem dann folgenden Sommer führt.
Der Winterschlaf ist für Igel, wie auch für alle anderen winterschlafenden Tierarten, im jahreszeitlichen Biorhythmus äußerst wichtig für deren gesunde Entwicklung. Beginn, Dauer und Ende des Winterschlafes hängen entscheidend von den vorherrschenden Temperaturen ab. Bei Plusgraden kann dieser auch mitten im Winter unterbrochen werden und die Tiere werden aktiv und gehen auf Nahrungssuche. Ein zusätzliches Futterangebot ist dann hilfreich für die Energiezufuhr in der nahrungsarmen Jahreszeit.
Seriöse wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass sich die Geschlechtsreife und die Paarungsbereitschaft von in Gefangenschaft überwinterten Igeln im folgenden Jahr erheblich verzögern und um 3 bis 4 Monate weiter in Richtung Herbst verschieben. Daraus folgt eine neue Generation viel zu spät geborener und untergewichtiger Jungtiere, die noch weniger Überlebenschancen besitzen. Dies ist ein gefährlicher Teufelskreis, der bei allen bereits vorhandenen Gefährdungsfaktoren für unsere Igel zusätzlichen negativen Einfluss auf den Erhaltungszustand der Igelpopulation hat und keinen Beitrag zum Tier- und Artenschutz darstellt.
Entnehmen Sie im Herbst keine Jungigel aus der Natur, um sie künstlich in Räumen und Kellern zu überwintern. Dies ist verboten und schadet dem Fortbestand unserer heimischen Igelpopulation erheblich!
Eine tier- und artenschutzgerechte Überwinterung hat nur nachhaltigen Erfolg, wenn...
• die Tiere selbständig in den Winterschlaf gehen können
• die dafür notwendigen klimatischen Bedingungen denen in der freien Natur entsprechen und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt erreicht werden
• ausreichend Möglichkeiten zum Unterschlupf und Bau eines Winterschlafnestes vorhanden sind wie Heu, Stroh, Laub- und Reisighaufen, Holzstabel oder künstliche Igelhöhlen, Scheunen, Schuppen, Hühnerställe oder ähnliches
• das Überwinterungsquartier trocken ist
• und der freie Zugang zur Natur gewährleistet bleibt.
Als geeignetes Futterangebot hat sich eine Mischung aus Katzennassfutter mit viel Fleischanteil (ohne Soße und Gelee), Katzentrockenfutter, ein klein wenig zarte Haferflocken (als Ballaststoff) und einen Spritzer Mais-Keimöl bewährt. Weitere Fütterungs-Ratschläge setzen wir als Link in die Kommentare. Dazu wird täglich frisches Wasser angeboten. Der Futterplatz muss durch geeignete Maßnahmen vor dem gleichzeitigen Zugriff durch Marder, Ratten usw. geschützt und regelmäßig gereinigt werden, damit keine gesundheitsgefährdenden Infektionsherde entstehen.
Wenn Sie selbst keine geeigneten Voraussetzungen haben, um junge Igel art- und tierschutzgerecht zu überwintern, dann wenden Sie sich bitte an den Tierschutzverein Gera.
Die engagierten Tierschützerinnen vermitteln die Tiere an kompetente Igelbetreuerinnen mit den erforderlichen „Umweltbedingungen“ und der Erfahrung im Umgang mit den Tieren.
🦔 Wirklicher Igelschutz ist Lebensraumschutz! 🦔
Wie Sie bereits selbst feststellen konnten, ist ein wesentlicher Grund für die bedrohliche Bestandssituation unserer Igel und vieler weiterer einheimischer Tierarten der zunehmende Verlust an geeigneten Lebensräumen und die damit verbundene Nahrungsknappheit.
Durch die immer intensivere und tierfeindliche Umgestaltung und Nutzung unserer Landschaft verschwinden ursprüngliche Natur und „Wildnis“, so dass es Igel und Co. zunehmend in siedlungsnahe Räume zieht. Wirklicher Igelschutz bedeutet daher i. e. L. das Erhalten und Gestalten von „igelfreundlichen“ Lebensbedingungen. Bieten Sie in Ihrem Garten ausreichend Versteck- und Überwinterungsmöglichkeiten an wie dichte Hecken und Buschwerk, Laub- und Reisighaufen. Ungestörte Bereiche in Holzstapeln, Steinhaufen oder unter Schuppen werden ebenfalls gern als Ruhe- oder Neststandorte angenommen. Deshalb ist dort beim Aufräumen besondere Vorsicht geboten.
Der Einsatz von Pestiziden, Laubsaugern oder Mährobotern sollte für jeden Garten- und Naturliebhaber tabu sein. Pestizide vernichten die Nahrungsgrundlage für die Insektenfresser und haben auch über die Nahrungskette erhebliche gesundheitliche Auswirkungen. Laubsauger „verschlingen“ die notwendige „Lebensraumausstattung“ und Nahrungstiere und Mähroboter können zu lebensbedrohlichen Verletzungen führen!
Besonders in der warmen, trockenen Jahreszeit sind Igel für eine Wasserstelle dankbar, die täglich frisch befüllt werden muss. Außerdem fördern blühende heimische Stauden, Wildkräuter und Gehölze die Artenvielfalt und somit auch das Nahrungsangebot für die sympathischen Stacheltiere. Verzichten Sie bei der Schädlingsbekämpfung auf den Einsatz von Giften und schöpfen Sie umweltverträgliche Alternativen aus. Vor allem Schneckenkorn und Rattengift können Igeln, anderen Tierarten und auch Haustieren zum Verhängnis werden.
Beseitigen Sie auch Gefahrenquellen, die nicht nur für Igel sondern auch für andere Tiere zu tödlichen Fallen werden können. So sollten beispielsweise Kellerschächte, Gräben oder Gruben abgedeckt werden. In Wasserbecken und Teichen mit steilen glatten Wänden können Ausstiegshilfen nicht nur für Igel lebensrettend sein. Auch nach unten völlig abschließende Gartenzäune oder Strom führende Weide-Netze in der Schafhaltung stellen Hindernisse für den Insektenfresser dar.
Wer Natur am Haus und im Garten wieder zulässt, schafft damit nicht nur Lebensraum für den Igel, sondern auch für viele andere heimische Arten.
“Igel und die Hilfe für die kleinen Säugetiere?”
unter https://www.bussgeldkatalog.org/tierschutz-igel/.
Hier findet man einen transparenten Überblick sowie umfangreiche Informationen zu den folgenden Sachverhalten:
Bußgeld Igel nach Bundesländern
Stehen Igel unter Naturschutz?
Igel zugelaufen: Hilfe, aber wie?
Tierschutz bei weiteren Säugetieren uvm.
Mehr Informationen unter:
Quelle Bild: NABU
Auffangstationen und Hilfe
Igelhilfe Altenburg e.V. 03447/833483
https://vogel-undigelpflegestationbadelster.hpage.com/
http://shk.nabu-thueringen.de/sites/igel.htm